Nach der Flut: Die Kinder von Wudam Al Sahir

Ihre Väter sind Fischer. So wie es ihre Großväter auch waren. Ihre Mütter versorgen die Familien, viele gehen eigenen Jobs nach. Ihre Gesichter sind offen, neugierig und freundlich. So wie die ihrer Eltern und Großeltern: den Kindern von Wudam Al Sahir geht es gut. Dabei haben die schweren Regenfälle von 2013 fast ihren ganzen Ort zerstört. Die Häuser, in denen sie geboren und aufgewachsen sind, sind nur noch Ruinen. Doch neue moderne Gebäude stehen bereits.

Der Oman ist ein reiches Land. Nicht nur, weil die Ölkrise 1973 dazu führte, dass die Ölpreise deutlich erhöht werden konnten. Sondern auch, weil es einen Sultan hat, der die so gewonnenen Einnahmen in die Infrastruktur seines Landes und die Bildung seines Volkes investiert hat.

Bis 1970 hatte das Land nur drei Koranschulen für 900 Jungen. Dank der Reformen des Sultans Qabus ibn Said nach dem Putsch seines Vaters verfügt das Land heute über Schulen für Jungen und Mädchen, und seit 1986 über eine staatliche Universität. Es folgten 1990 private Universitäten und Fachhochschulen, die Kooperationen mit anerkannten ausländischen Universitäten pflegen.

Die Kinder von Wudam Al Sahir müssen nicht zur Schule gehen, es gibt im Oman keine Schulpflicht. Aber die meisten tun es, 90% der Kinder im Land gehen in die kostenlosen Einrichtungen. Der Analphabetismus, der das Sultanat bis in die späten 1960er-Jahre im Mittelalter verharren ließ, konnte bis 2006 auf 18,6% gesenkt werden.

Der Oman ist ein freundliches Land. Fremden, wie Touristen und Geschäftsleuten, wird immer mit einem Lachen begegnet. „How are you? How are you?“ fragen auch die Kinder von Wudam Al Sahir, wenn Touristen sich aus dem nahegelegen Millennium Resort in den kleinen uralten Fischerort verirren, der 2013 durch andauernde heftige Regengüsse vollkommen zerstört wurde.

Ein Tiefdruckgebiet verursachte tagelang sintflutartige Regenfälle und ließ die Wadis, die Trockenflusstäler, die die trockene omanische Landschaft so prägen, und in der es zu Tages-Temperaturen bis zu 45° oder gar 50° Grad kommen kann, zu reißenden Flüssen anschwellen, die alles mit sich rissen: Lastwagen, Autos, Tiere, Menschen.

Die Fischer bekamen vom Sultanat ohne Umstände neue Grundstücke und neue Häuser gestellt. Die meisten stehen bereits, hell und freundlich, mal ganz schlicht, aber modern, mal prunkvoll wie ein kleines Chalet. Die Ruinen der alten Häuser sind heute Spielplatz für die Kinder, die neu asphaltierten Straßen ihre Rennstrecken, und bald werden die zerstörten Zeugen des großen Unwetters ganz verschwunden sein.

Die Kinder von Wudam Al Sahir werden hier groß werden, und die Gelassenheit ihrer Eltern und Großeltern wird sie tragen. Denn sie haben gelernt, dass man sich um sie kümmert, wenn sie in Not geraten. Und sie haben gelernt, dass man dann gemeinsam in kurzer Zeit viel Gutes für die Allgemeinheit erreichen kann. Das Lachen der Kinder von Wudam Al Sahir folgt Besuchern noch sehr lange.

 

Jeanette Dobrindt, Jahrgang 1982. Hauptberuflich als Assistenz tätig bei der Berliner Wirtschaftsförderung (Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH), seit 2011 im Rahmen eines Kleinunternehmens nebenberuflich als Fotografin tätig. Nach einem Workshop bei Erica McDonald in New York 2013 besonderes Interesse an Dokumentarfotografie. Für Projekte fehlt aufgrund des Hauptjobs meist die Zeit, daher derzeit Konzentration auf dokumentarische Bilder während der Reisen ins Ausland.

 

Andrea Weiner, geb. 06.12.1962. Hauptberuflich tätig als Assistentin des Gesamtpersonalrates der AOK NordWest mit Sitz in Dortmund. Nebenberuflich seit 2015 im Rahmen eines Kleinunternehmens als Fotografin tätig. Besondere Vorliebe war bisher die Architekturfotografie. Seit diversen Aufträgen ist auch das Interesse an der Portraitfotografie geweckt worden. Eine besondere Herausforderung war die Reise in den Oman, bei der ich dank Jeanette Dobrindt einen Einblick in die Dokumentarfotografie bekam.

 

Diese Reportage ist mit freundlicher Unterstützung durch die Journalistin Sandra Schink entstanden. Wir bedanken uns zudem beim Meteorologen Frank Abel, dem Journalisten Fabian Felder und Hend Adel aus Kairo für ihre Hilfe bei der Recherche und Übersetzungen!

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